Das nenne ich eine positive Übberraschung. Der Camp von Nikiti, der uns empfohlen wurde, ist eine Lobeshymne wert. Wir stehen auf einem Platz mit Meerblick, vor uns eine kleine Bucht alles eingerahmt
vom Golf von Kassandra. Der Camp ist mit Herzblut gestaltet, die Wege sind mit Natursteinen gepflastert, Palmen, Olivenbäume und Kiefern spenden Schatten, blühende Oleanderbüsche runden das Ganze
farblich ab. So stellt man sich Griechenland vor... Hier werden wir einige Tag bleiben.
Donnerstag, 5. Juli
Wir genießen die letzten Tage in Griechenland. Morgens, nach dem Aufstehen, geht es zuerst einmal hinunter zum Strand, schwimmen. Anschließend Frühstück mit Blick aufs Meer. Den Tag verbringen wir
mit Lesen, Schwimmen und Dösen. Gestern Abend haben wir Doraden gegrillt und dazu eine Flasche Weißwein aus sardischen Beständen getrunken. Kann es noch besser gehen? Aber auch Mißgeschicke
passieren: Ich rutsche aus, als ich mir die Hände im Meerwasser abspülen will und falle der Länge nach ins Wasser. Nicht weiter schlimm - dummerweise habe ich mein Handy in der Hosentasche, das bei
dieser Aktion seinen Geist aufgibt. Die SIM-Karte geht noch, die kann ich ins Tablet einsetzen, damit sind wir internetfähig, aber unsere Verbindung nach außen, „What’s App“, ist erst einmal
gekappt. Telefonieren können wir mit Annemaries Handy. Wir werden‘s überleben.
Samstag, 7. Juli
Größer könnte der Kontrast nicht sein: Heute Morgen verabschieden wir uns vom Camp bei Nikiti auf Chalkidiki und am Nachmittag sind wir im bulgarischen Hochgebirge im Rila-Kloster. Dazwischen liegen
ungefähr dreihundertfünfzig Kilometer Fahrt, ein Grenzübertritt und die späte Entdeckung, dass man in Bulgarien eine Maut-Vignette benötigt. Das Rila-Kloster aus dem frühen zehnten Jahrhundert geht
zurück auf den Einsiedler Iwan Rilski, der hier seine Anhänger um sich geschart hat. Später wurde es zum Symbol für die nationale Unabhängigkeit Bulgariens und gehört heute zum Unesco-Weltkulturerbe.
Alles, was wir bisher in orthodoxen Kirchen an Prunk und Pomp gesehen haben, wird hier noch einmal in den Schatten gestellt. Schon die Außenbemalung der Kirche, in der unteren Hälfte mit der
Darstellung der Hölle, ließen einen Hieronymus Bosch vor Neid erblassen. In der Kirche selbst darf nicht fotografiert werden. Uns beeindruckt, trotz allem Pomp, die tiefe (vielleicht auch naive)
Gläubigkeit der Besucher, die den Popen die Hände küssen, Kerzen aufstellen und sich vor den Ikonen tief verneigen. Wer will da richten? Das Kloster liegt eingebettet in eine wunderbare
Naturlandschaft in tausendzweihundert Meter Höhe. Den Rest des Tages verbringen wir mit der Suche nach einer Verkaufsstelle für die Mautvignetten. Am Grenzübergang haben wir von einer Mautpflicht
nichts gesehen - geraume Zeit später sehen wir Schilder, die darauf hinweisen. Erst in Sophia werden wir an einer Tankstelle fündig und können uns das Pickerl an die Windschutzscheibe kleben. Gerade
noch rechtzeitig: Fünf Minuten später kommt eine Polizeikontrolle.
Sonntag, 8. Juli
Die Kirche von Boyana in Sofia stammt aus der zweiten Hälfte des zehnten Jahrhunderts und wäre eigentlich noch keine so große Besonderheit. Dass die UNESCO sie dennoch zum Welkulturerbe erklärt hat,
ist mit der wohl einzigartigen Innenbemalung zu erklären, die über das Jahrtausend weitestgehend erhalten geblieben ist. Wir verbringen die Nacht auf dem Parkplatz vor dem Eingang der Kirche, nicht
wissend, welche weise Entscheidung wir damit getroffen haben. Heute Morgen gehören wir zu den ersten, die vor dem Kassenhäuschen stehen und Einlass bekommen. Der Eintritt in in das Kirchlein ist wohl
aus klimatischen Gründen limitiert - es wird peinlich darauf geachtet, dass sich nur maximal zehn Personen im Gebäude befinden. Auch die Zeit ist begrenzt. Höchstens zehn Minuten werden einem
zugestanden, sich an den Fresken zu erfreuen. Als wir das Gelände verlassen und zum Womo zurückkommen, ist der kleine Parkplatz schon mit Fahrzeugen völlig zugestellt. Wir haben Mühe wieder
herauszurangieren. Hätten wir nicht schon hier gestanden, wäre es schwierig mit dem Parken geworden. Das Publikum hier ist international. Wir haben noch ein kurzes Gespräch mit Schülern aus Malaysia,
die hier in Sofia ein Konzert gegeben haben. Dann geht es auf die Autobahn in Richtung Norden - nach langer Fahrt erreichen wir dann unser Camp in Zagreb.
Montag, 9. Juli
Wir sind wieder in Deutschland. In Grassau im Chiemgau haben wir für heute Station gemacht. Beim Werkskundendienst von Kathrein haben wir uns noch schnell ein neues Verbindungskabel für unsere
Antennenanlage besorgt, jetzt genießen wir bayrische Dörflichkeit und Alpenpanorama. Beim Spaziergang durch die dörfliche Umgebung entdecken wir einen Apfellehrpfad, einen kleinen Badesee mit kleinem
Bierausschank und schöne Bauerhöfe und Häuser mit Blumenschmuck.
In den letzten beiden Tagen
sind wir auf der Rückreise durch sechs verschiedene Länder gekommen (Griechenland, Bulgarien, Serbien, Kroatien, Slowenien, Österreich) - an jedem Grenzübergang wurden die Pässe kontrolliert,
in der Regel gescannt. An den Grenzübergängen bilden sich lange Schlangen, verbunden mit entsprechenden Wartezeiten. Vom freien Personenverkehr in Europa kann eigentlich keine Rede mehr sein.
Ob solche Kontrollen Flüchtlinge davon abhalten können, ihre Heimat zu verlassen, ist mehr als fraglich. Es ist wohl mehr ein politisch, symbolischer Akt, der vortäuschen soll: „Wir haben
alles im Griff!“ Es wird an den Symptomen herumgedoktert, nicht an den Ursachen.