Heute
fahren wir das schlechteste Stück Straße, dem wir in Marokko begegnet sind. Wir cruisen entlang der N 301 von Ounagha nach Safi und immer wieder werden wir durch Schlaglöcher gezwungen, die
Geschwindigkeit stark zurück zu nehmen. Dabei ist dieser Streckenabschnitt landschaftlich wunderschön: Wir fahren entlang der Steilküste und haben immer wieder tolle Aussichten auf den Atlantik. Der
Fahrer darf sich das allerdings nicht anschauen, denn der Blick muss fest auf die Straße gerichtet sein, um eventuellen Untiefen auszuweichen. Dreißig Kilometer vor Safi ist alles wieder in Butter
und der Fahrstress schon wieder vergessen. Safi ist eigentlich ein großer Industrieort, aber bekannt geworden ist es durch sein großes Töpferviertel, in dem hauptsächlich Gebrauchskeramik hergestellt
wird. Zunächst besuchen wir aber eines der kleinen Fischrestaurants am Hafen, denn es ist schon fast zwei Uhr und wir haben Hunger. Der große Grill qualmt mächtig und wir bestellen eine gemischte
Platte Seafood und eine gegrillte Dorade. So gestärkt geht es jetzt ab in die Medina zu den Töpfern. Ein netter Guide führt uns durch die Werkstätten und wir staunen über die vielen Arbeitsgänge, die
viel handwerkliches Geschick und Kunstfertigkeit verlangen. Den Abend verbringen wir auf einem Camp überm Meer.
Sonntag, 15. April
Von
Safi geht die Fahrt auf schnurgerader, gut ausgebauter Straße nach Marrakesch. Wir fahren durch eine liebliche, leicht hügelige Landschaft mit gelben Getreidefeldern, Grünland und Olivenbäumen. Ab
und zu taucht ein Schäfer auf, der seine Anvertrauten mit großer Sicherheit die Straße entlangführt. Das helle Gewoge der Schafrücken bildet einen pastellfarbenen Kontrast zum Landschaftsbild. Am
heutigen Sonntag fahren viele Familien eng zusammengepresst in kleinen Pferdetaxen in die nächste Ortschaft. Pickups mit Schafen und Kühen auf der Ladefäche brausen zum nächsten Markt. Für uns
vergeht die Fahrt über die einhundertfünfzig Kilometer Landstraße wie im Flug und schon stehen wir vor unserer nächsten Bleibe, dem „Relais Marrakesch“, ein Hotel/Restaurant mit Stellplätzen für
Wohnmobile. Der Platz ist wunderschön mit Palmen, Gräsern und Blumen gestaltet und ganz Mutige können auch schon den Pool nutzen. Von Ferne grüßen die schneebedeckten Gipfel des Hohen Atlas. Wir
wollen einige Tage hier bleiben und uns der Erkundung von Marrakesch widmen.
Montag, 16. April
Während
seines Germanistikstudiums beschäftigte er sich mit der Übersetzung von Brechts „Mutter Courage und ihre Kinder“, heute ist er bestallter Fremdenführer für die deutsche Sprache und bringt den
wißbegierigen Touristen seine Stadt nahe. Wir treffen Shikri pünktlich um zehn Uhr am „Café de France“ und zügig wandert er mit uns durch das frühe Marrakesch. Wir haben uns gestern Abend telefonisch
verabredet und alle Modalitäten geklärt. Erstes Ziel ist der Bahia-Palast, der einzige Palast, der auch von innen besichtigt werden kann. Wir sehen die kunstvoll geschmückten Räume mit filigranen
Deckenmotiven aus Holz und Farbe und herrliche Stuckarbeiten der arabischen Meister. Den Harem, der Raum für die engere Familie mit dem Innenhof und den vier Räumen für die jeweiligen Frauen und dem
angeschlossenen Garten. Der Palast liegt in der Mellah, dem ehemaligen Judenviertel, wir besichtigen die Synagoge und den Judenfriedhof. Weiter geht es zum Kasbah-Viertel mit der Moschee und den
Saadier-Gräbern. Dieses Kunstwerk der Vorgängerdynastie der regierenden Alaouiten, wurde erst 1917 von den Franzosen wiederentdeckt. Durch das Bab Agnaou verlassen wir das Kasbah- Viertel und gehen
zum „Place Djama El Fna“, unserem Ausgangspunkt, wieder zurück. Shikri hat uns die ganze Zeit sachkundig informiert, nicht einmal den Versuch gemacht uns in eine Verkaufsausstellung zu locken und
nach unserem dreistündigen Rundgang sein Geld mehr als verdient. Wir klettern in einem Café alle nur möglichen Stufen hinauf und essen auf der Dachterasse mit Blick auf den „Place“ zu
Mittag.
Dienstag, 17. April
Heute
feiert Vater Finkenberg seinen 97. Geburtstag. Klar, dass wir ihm heute Morgen noch vor dem Frühstück ganz herzlich zu seinem neuen Lebensjahr gratulieren. Den Tag verbringen wir im Camp. Wir nutzen
das Angebot und relaxen am Swimming-Pool. Zu Mittag gibt es Steinpilze, die wir gestern sehr preiswert einem fahrenden Händler abgekauft haben. Lecker!! Am Spätnachmittag nehmen wir ein Taxi in die
Medina - wir wollen das Spektakel am „Place Djamaa El Fna“ mit eigenen Augen erleben. Doch zunächst interessiert uns noch das Minarett der Kutubiya-Moschee. Es ist das Wahrzeichen der Stadt, ragt
über alle Dächer und dient so auch der Orientierung. Hier lernen wir den Biologie-Studenten Yussuf kennen, der sich sein Geld mit der Herstellung eines besonderen Saftes verdient: Er presst
Rohrzuckerstangen und mischt diesen Saft mit dem einer Zitrone. Heraus kommt ein süß-säuerliches, wohlschmeckendes Getränk. Auf dem „Djamaa El Fna“ läuft das Spektakel langsam an. Die
Grillstände qualmen vor sich hin, an den Stände mit Säften jeglicher Art stehen junge Männer, die offensiv auf Ihr Angebot aufmerksam machen. In der nächsten Abteilung sitzen Frauen, die mit Henna
Frauenhände und Füße verschönern, es folgen Schlangenbeschwörer, die den Touristen eine Schlange um den Hals legen und dann Fotos machen, Musik- und Tanzgruppen stehen parat und achten peinlich genau
darauf, dass jedes gemachte Foto auch bezahlt wird. Insgesamt eine gut geölte Touristenmachinerie, die eher einem europäischen Rummelplatz ähnelt, als einem Märchen aus Tausendundeiner Nacht. Wir
sehen uns das Ganze noch von einem Terassencafé an, bis die Dunkelheit einbricht.
Mittwoch, 18. April
Yves
Saint Laurant ist den meisten sicherlich als erfolgreicher Modeschöpfer bekannt. Weniger bekannt ist der „Jardin Majorelle“ den Saint Laurant gemeinsam mit seinem Lebensgefährten gekauft und
umfassend renoviert hat. Geschaffen wurde dieser Garten vom französischen Künstler Jacques Morelle, der eine Vielzahl exotischer Pflanzen, die er auf Reisen gesammelt hatte, hier anpflanzte.
Der Garten ist seit 1947 öffentlich, doch erst seit der Renovierung durch Saint-Laurant stieg sein Bekanntheitsgrad exponentiell. Wir sind schon um zehn Uhr vor Ort, doch es drängelt sich bereits
eine lange Schlange vor den zwei Kassenhäuschen. Das Anstehen in der Hitze ist schon eine gewisse Anstrengung, doch wir werden belohnt von üppigem Grün, plätscherndem Wasser und Vogelgezwitscher
gleich nach dem Eintritt. Uns empfangen Kakteen, Palmen, Bambus, Bougainvilleas und viele unbekannte Pflanzen. Man geht auf schmalen Wegen, überall sind blaue Pavillons, kleine Teiche und bunte
Töpfe. Ein Traum - die vielen Menschen verlaufen sich, doch am liebsten wäre man hier allein...
Wir verlassen Marrakesch und steuern die Wasserfälle von
Ouzud an. Nach zweistündiger Fahrt erwartet uns hier die nächste Überraschung. Der „Camping Zebra“ in Ouzud ist ein wahres Paradies. Unser Stellplatz liegt auf einer Blumen umsäumten
Terrasse, die Blüten des kleinen Pomeranzenbaumes neben uns verströmen einen wunderbaren Duft und wir haben die ungehinderte Aussicht auf ein liebliches Tal aus dem gelegentlich ein Esel
seine Sehnsucht hinausschreit.
Donnerstag, 19. April
Bei
den „Cascades de Ouzud“ stürzt sich das Wasser über 110 Meter in die Tiefe. Es sind damit die höchsten Wasserfälle Marokkos. Nicht nur aus diesem Grund ist es Naturspektakel. Das Wasser ergießt sich
über die Kante eines roten Granitfelsen und fällt in Stufen (Kaskaden) hinunter - unterwegs projiziert die Sonne mit der Gischt einen hinreißenden Regenbogen ins Tal. Wer die Wasserfälle in all ihren
Facetten bewundern will, muss sich sowohl den Abstieg zum Grund vornehmen als auch an der Abbruchkante vorbeiwandern. Eine Aufgabe, die wir heute Vormittag vorbildlich meistern. Unterwegs begegnen
wir Makakenaffen, die scharf auf Erdnüsse sind und einem Chamäleon, das sich schnell ins Grün verdrücken will. Doch erst nach ein paar Turnübungen an Annemaries Sonnenbrille wird es wieder in die
Freiheit entlassen. Ein Schulmädchen versucht sich auf unserem Rückweg in einen Dialog, aber ihre Französischkenntnisse reichen dann doch nicht aus. So bleibt es beim freundlichen „Bon
Jour“.
Freitag, 20. April
Für
heute haben wir uns einen Wanderweg um die Cascades de Ouzud vorgenommen. Es geht immer entlang einem Eselspfad, durch einen Wald aus Olivenbäumen, bis wir wieder unten auf der Grundsohle
angekommen sind. Jetzt stehen wir auf der anderen Seite des Flusses und noch eine Etage tiefer als gestern. Den Fluss queren wir mit einem blumengeschmückten Ruderboot, dessen Kapitän mit uns eine
Ehrenrunde am Wasserfall vorbei dreht. Im direkten Aufprallbereich ist die Luft voller Gischt, unser Steuermann rudert gekonnt ganz nah heran. Nach soviel Action genehmigen wir uns die traditionellen
Grillspieße (brochettes) mit Blick auf die Cacades. Der Rückweg ist kürzer - wir steigen jetzt enge Treppen und es geht direkt die Felsen hoch.