Heute kommt das Womo in die Spritzkabine. Alle vorbereitenden Arbeiten sind getan, jetzt gibt es Lack. Wir vertreiben uns die Zeit mit einem Stadtbummel, Plauschen mit Trüdi und Dick und nicht zu
vergessen, Essen zu gehen. Direkt in der Nähe von Mohameds Werkstatt ist ein Hotel mit angeschlossenem Restaurant, in dem man gut und preiswert isst. Wir genießen die Atmosphäre hier in dem stilvoll
gestalteten Innenhof. Abend beleuchten ausgefallene Lampenkreationen die Straßen Tafraoute. Neben den Doppellaternen leuchten auch noch grüne, rote und blau Lämpchen.
Ostersonntag, 1. April
Alles
fertig. Mohamed hat auch noch die angerosteten Felgen gespritzt - das Womo strahlt in neuem Glanz. Der Lack ist trocken, wir verabschieden uns von Trüdi und Dick, dann steuern wir den „schönsten
Stellplatz Marokkos“ an. Ein riesiges freies Gelände mit Palmen inmitten einer Gebirgsszenerie aus rotem Granit. Den hatten wir gestern schon besichtigt und uns ein Plätzchen vorgemerkt. Die
Ostertage werden wir hier bleiben.
Wir können uns am Panorama nicht sattsehen und relaxen in der marokkanischen Sonne. Vielerlei Besuch kommt vorbei: Ein Makronenenverkäufer auf dem Moped, Kinder, die nach Bonbons fragen, eine
Haubenlerche, die uns ihr Ständchen bringt und drei Esel, die sich über unsere Kartoffelschalen und Gurkenreste freuen.
Ostermontag, 2. April
Die Bergumgebung reizt zu einer kleinen Wanderung. Nach leckerem Osteressen - Annemie hat Rinderfilet mit mehreren Gemüsen auf den Tisch gezaubert - geht es ab, um die Umgebung zu erkunden. Wir
laufen zunächst durch unser Tal, dann geht es auf schmalem Weg aufwärts. Unterwegs tauchen Zelte auf, aber niemand ist zu sehen. Schon aber ein kleine Gruppe von sehr jungen Ziegen, die sich in der
Sonne räkeln. Weiter oben gibt es die verschiedensten Pflanzen, unter anderem eine riesige Kaktee. Wir müssen massige Felsblöcke umrunden, um weiterzukommen. Dann sind wir auf der Höhe und haben von
hier aus einen wunderschönen Blick ins Ammelntal. Dort wollen wir morgen noch mal gesondert hinfahren. Auf dem Rückweg treffen wir ein sehr junges Mädchen, die einige Ziegen hütet. Sie gehört zu den
Zelten, die wir auf dem Hinweg gesehen haben. Zum Abschied geben wir ihr die Hand und spüren, dass ihren Händen das Arbeiten nicht fremd ist. Sie hat uns erzählt, dass sie dreizehn Jahre alt ist...
Dienstag, 3. April
Die
Ammeln sind ein Berbervolk, das zur Hauptgruppe der Chleuh gehört. Nördlich entlang von Tafraoute zieht sich das Ammelntal, in dem vier Ammelnstämme in sechsundvierzig Dörfern leben. Wir nutzen den
Tag zu einer Rundfahrt. Rechts und links des Tals türmt sich das rote Gebirge auf. Im Tal wachsen neben Palmen hauptsächlich Arganien. Die Blätter
dieses harten und stacheligen Baums fressen die Ziegen. Den Kernen
der Früchte des Arganbaums entnimmt man den Samen, aus dem in einem aufwändigen Prozess ein hochwertiges Speiseöl gewonnen wird. Die Produktion von Arganienöl ist ein wichtiger Wirtschaftszweig
dieser Region, der vor allem Frauen beschäftigt. Zur Gewinnung von einem Liter Arganöl arbeitet eine Frau eineinhalb Tage. Es kostet demnach in Europa über achtzig Euro. Auch in der Kosmetikindustrie
wird das Öl mittlerweile verwendet. Wir erfreuen uns aber lieber an der Landschaft und genießen die Aussicht. Rechts und links der Straße sind Menschen damit beschäftigt, mit einer Sichel Grünzeug zu
schneiden, das in großen Körben auf dem dem Rücken nach Hause transportiert wird. Die Dörfer mit ihren Moscheen wirken in dieser Gebirgskulisse wie hingetupft. Am späten Nachmittag kommt am Womo ein
Frisör auf dem Moped vorbei. Er schneidet mir die Haare direkt vor Ort.
Mittwoch, 4. April
Die
Tage in Tafraoute sind gezählt, heute fahren wir durch den Anti Atlas nach Tiznit. Wieder eine schöne Fahrt mit Steigungen, Serpentinen, Kehren und herrlichen Ausblicken. Nach knapp zwei Stunden
erreichen wir unser Ziel (unsere Durchschnittsgeschwindigkeit ist bei solchen Strecken ungefähr 40 - 50 km/h). Der städtische Campingplatz liegt direkt am Stadttor zur Medina. Kaum stehen wir auf dem
Platz, steht auch schon der Frisör parat, der unbedingt Annemaries Haare schneiden will. Sie ist nicht abgeneigt und schon wird der Koffer mit allen Untensilien aufgeklappt. Unter der Markise
verwandelt sich der Platz zu einem kleinen Friseursalon. In der Zwischenzeit habe ich Wohnmobilisten aus Ahaus getroffen, die uns einen Tipp geben, wo wir preiswert essen können. Am Nachmittag nehmen
wir die Medina in Augenschein. Tiznit ist eine quirlige Mittelstadt mit vielfältigem Angebot an Obst, Gemüse, Fleisch, Fisch und Gebrauchsgeständen. Wir bestaunen den Souk für Schmuck. Unglaublich,
was sich da auftut. Tiznit ist bekannt für die Herstellung von silbernem Berberschmuck und hier sehen wir schon eine große Auswahl.
Donnerstag, 6. April
Die Altstadt von Tiznit wird von einer fünf Kilometer langen Mauer aus Stampflehm umschlossen. Sechs Tore lassen die Besucher hinein und doch wirkt dieser Ort nicht mittelalterlich. Das ist auch kein
Wunder, denn in dieser Form entstand er erst 1820, als Iznit zu einem Militärstützpunkt ausgebaut wurde. Der Campingplatz, natürlich auch von einer Mauer umgeben, liegt gleich neben einem der
Stadttore. Wir bummeln durch die Medina und auf unserem Weg zur „Grande Mosquée“ kommen wir durch enge Gassen, wo kleine Handwerker ihrer Arbeit nachgehen. Das Minarett der Moschee ist im saharischen
Stil errichtet, wie sie auch in Mali oder in Niger zu finden sind. Man erkennt sie an den Stangen, die seitlich aus dem Minarett herausragen. Diese Moschee wurde von Sklaven aus dem Senegal gebaut.
Direkt neben der Moschee, mitten im Staßenraum, steht eine alte Palme. Aus Tradition darf sie nicht gefällt werden. In der Nähe findet sich die „source bleu“, eine heilige Quelle, die sehr schön
eingefasst ist und auch weiterhin zur Wasserversorgung dient. Die Frauen sind in der Regel tiefverschleiert doch ab und zu radelt ein kecker Teenie ohne Kopfbedeckung und in engen Jeans durch die
Gassen.
Freitag, 7. April
Wir sind am Atlantik. Statt Wüstenwind weht uns jetzt Seeluft um die Nase. Ein ganz neues Marokkogefühl. Heute Morgen sind wir von Tiznit nach Sidi Ifni gefahren, eine kurze Strecke von siebzig
Kilometern, und sind hier auf einem Camp direkt am Meer gelandet. Wir stehen oberhalb der Strandpromenade und klappen als erstes die Stühle aus, um uns in Ruhe an den Klimawechsel zu gewöhnen. Dann
geht es über viele Stufen die Steilküste hinauf ins Dorf, immer mit herrlichem Blick aufs Meer. Auf der obersten Dorfterrasse genehmigen wir uns in einem kleinen Café unser marokkanisches
Lieblingsgetränk - einen frisch gepressten Orangensaft. Sidi Ifni hat schon bessere Tage gesehen und könnte an einigen Stellen eine Aufrischung gebrauchen. Aber wie überall hier: Die öffentlichen
Einrichtungen sind topp. Selbst das (Riesen) Rondell eines Kreisverkehrs hat man zu einem Park gestaltet.