Wir stehen am Rand der Wüste. Was liegt näher, als eine Wüstentour zu unternehmen. Nein, nicht mit dem Wohnmobil, da kämen wir in dem dicken, gelben Sand keine fünf Meter vorwärts. Vom Camp aus geht
abends eine Tour mit dem Dromedar in die Sanddünen. Da machen wir mit und packen einen kleinen Rucksack, weil wir in einem Wüstencamp übernachten wollen. Zünftig ausgerüstet mit Berbertuch und
Sonnenhut besteigen wir mit einer Truppe weiterer Wüstenbegeisterter die Dromedare und gewöhnen uns langsam an den speziellen Schaukeltritt. Wir reiten in die untergehende Sonne und genießen die
Weite und die Ruhe dieser außergewöhnlichen Naturlandschaft. Zum Sonnenuntergang macht unser Führer Halt für ein Fotoshooting. Das Farbenspiel und die Schattenwürfe der Dünen bei den sich ändernden
Lichtverhältnissen ist faszinierend. Jetzt, wo die Sonne weg ist, geht es weiter und nach kurzer Zeit erscheint in einer Senke das Nomadencamp, das uns für diese Nacht beherbergen soll. Wir
sind baff: Jedes Paar hat ein eigenes Zelt mit eingerichtetem Schlafzimmer. Es gibt ein Toilettenzelt mit Wasserspülung und ein eigenes „Restaurantzelt“. Aber vor dem Essen warten wir den Einbruch
der Dunkelheit ab und bestaunen den unglaublichen Nachthimmel. Der Abend klingt am Lagerfeuer bei Trommelmusik aus. Heute stehen wir früh um sechs Uhr auf, um den Sonnenaufgang zu beobachten. Wieder
diese Schauspiel changierender Farben in den Dünen. Noch einen Tee und dann geht es wieder zurück im Schaukelschritt.
Sonntag, 11. März
Wer
in seiner Jugend Karl Mays „Durch die Wüste“ gelesen hat, wird sich erinnern, wie der tapfere Hadschi Halef Omar und sein Sidi, Kara Ben Nemsi, dem Sandsturm getrotzt haben. Ähnlich geht es uns, als
wir gestern von unserer Wüstentour zurückkommen. Am Nachmittag setzt ein heftiger Wind ein, der gefühlt den gesamten Sand der Wüste in die Luft wirbelt. Der Sandsturm fegt ums Womo, innen ist es
stickig heiß, aber man traut sich nicht, irgendein Fenster oder eine Klappe aufzumachen, damit der Sand draußen bleibt. Dabei werden wir noch von den Mauern unserer Kasbah geschützt. Gegen Abend wird
es aber ruhiger und heute Morgen ist die Luft wieder klar, der Himmel ist blau und wir machen einen kleinen Spaziergang ins nächste Dorf. Danach werfen wir noch einen Blick in die unterschiedlichen
Bereiche unserer Kasbah Moayout. Ein wunderschöner Ort, nicht nur für Womofahrer sondern auch für die Gäste des angegliederten Hotels.
Montag, 12. März
Heute
verlassen wir unsere liebgewonnene Kasbah Mohayout und starten gen Westen. Zunächst wollen wir aber noch einige Einkäufe tätigen und stoppen bei einem Kunstgewerbehändler, den wir gestern schon
kontaktiert haben. Wir wollen das Womo mit kleinen Berberteppichen aufhübschen. Aber wie schon gesagt, einfach kaufen geht nicht. Der Mann zwingt uns zu handeln, weil man die zuerst genannten
Phnatasiepreise nicht akzeptieren kann. Diese Verkaufsverhandlungen dauern länger als das Aussuchen. Unter Einsatz unserer Tauschobjekte in Form von Bierdosen, reduzieren wir seine Preivorstellungen
auf ein Fünftel. Geschafft. Jetzt noch schnell nach Rissani, Obst, Gemüse und Brot einkaufen. Auch hier bietet sich gleich ein junger Mann an, uns für 10 Dirhan (1 Euro) zu führen. Das ist eine
sinnvolle Investition, denn er hält uns alle diejenigen vom Leib, die uns was verkaufen wollen und er führt uns gezielt zum Markt, wo wir unsere Einkäufe erledigen können. Er lässt es sich nicht
nehmen, auch noch den schweren Einkaufsbeutel zu tragen und ist uns beim Einkauf behilflich. Dafür gibt es natürlich eine Sonderprämie. Wir fahren jetzt in Richtung Zagora, wollen unterwegs aber noch
mehrere tausend Jahre alte Ritzzeichnungen erkunden. Wir fahren durch eine Ebene mit Geröllwüste, die von Bergketten gesäumt ist. Gelegentlich wird die Straße durch Brückenunterspülungen unterbrochen
und wir müssen kleine Umwege fahren. Mittlerweile ist es aber auch schon spät und wir beschließen, die Nacht vorher in Tazzarine zu verbringen.
Dienstag, 13. März
Ait
Ouazik ist ein kleiner Weiler in der Hammada. Der Ort wäre vermutlich keiner Erwähnung wert, gäbe es hier nicht die Steingravuren aus prähistorischer Zeit. Nach Ait Ouazik führt ein schmaler
Schotterweg mitten durch die Geröllwüste. Wir brechen schon früh am Morgen auf, um der Mittagshitze zu entgehen. Schließlich müssen wir ungefähr dreizehn Kilometer diese Piste befahren, ohne genau zu
wissen, was auf uns zu kommt. Der Womoführer hält die Strecke für fahrbar, also machen wir uns auf den Weg. Es fährt sich passabel, nur die Geschwindigkeit darf fünfzehn km/h nicht überschreiten,
sonst wird es unangenehm. Die Tour gestaltet sich vielfältig. Mal ist es reiner Schotter, mal loser Sand, wir durchfahren aber auch ein trockenes, breites Flussbett und haben gelegentlich
starke Steigungen und Gefälle zu überwinden. Aber unser Dukato zieht treu seine Spur und nach einer Stunde erreichen wir Ait Ouazik. Der Ort besteht im wesentlichen aus Lehmhäusern, einzig die
Moschee und die Schule sind frisch und farbig verputzt. Es geht am Friedhof vorbei und dann sehen wir schon das kleine Wärterhauschen auf einem Steinhügel. Der Guide hat uns längst gesehen und
erwartet uns schon für eine kleine Führung. Auf diesem gesamten Steinhügel findet man überall über sechstausend Jahre alte Steingravuren, die im wesentlichen die Tierwelt dieser Zeit wiederspiegeln.
Vor sechstausend Jahren war hier Savanne und so finden wir Bilder von Pferden, Elefanten, Gazellen und Giraffen. Auch Abbildungen von Pfeil und Bogen findet man. Später stromern wir noch allein über
das Gelände und entdecken hier und da noch weitere Zeichnungen. Den Rückweg kennen wir ja, der kommt uns jetzt doppelt so schnell vor. Unser Ziel für heute ist Zagora - hier kommen wir in einem
idyllischen Camp in einer Palmenoase unter.
Mittwoch, 14. März
Von unserem Camp in der Palmenoase radeln wir nach dem Frühstück zum Grande Souk, dem großen Markt. Vorher haben wir allerdings unsere Räder gründlich vom Staub des Sandsturms befreit. Auf dem ersten
Stück der Strecke gibt es sogar einen Radweg - der Verkehr ist aber nicht sonderlich stark und das Radfahren easy. Wir kommen am berühmten Karawanenwegweiser „52 Tage bis Timbuktu“ vorbei (das
Original ist im Museum) und dann sehen wir schon ohne Wegweiser wo es hingeht: Menschen zu Fuß, auf Fahrrädern, auf dem Esel, auf dem Motorrad - sie alle zieht es zum großen Markt. Hier ist der große
Handelsplatz für die Dinge des täglichen Lebens. Auch ein Viehmarkt ist angeschlossen. Wir lassen uns treiben und staunen.
Donnerstag, 15. März
Wir
erwachen bei blauem Himmel und Sonnenschein - ich mache mich auf und gehe eine Runde joggen. Nach dem Frühstück schwingen wir uns wieder auf die Räder und fahren nach Zagora. Wir müssen die Brücke
über den Draa überqueren und sehen unten im Flussbett eine Frau und einen Mann beim Teppichwaschen. Zagora ist picobello aufgestellt: Alle öffentlichen Gebäude sind gepflegt und gut in Schuss. Auch
die Infrastruktur wie Straßen und Bürgersteige scheinen rundum erneuert. Die bunt bemalte Schule (Kennzeichen der marokkanischen Grundschulen) zeigt die Schlümpfe und Heidi in der Bergwelt. Wir haben
Glück und erstehen in einer „latterie“ Frischkäse und Naturyoghurt. In der Markthalle noch schnell Äpfel und Gemüse eingepackt - dann geht es wieder zurück.
Freitag, 16. März
Heute nutzen wir den Tag zu einem ausgedehnten Spaziergang durch die Palmengärten Zagoras. Wir müssen uns unbedingt bewegen, denn Annemarie hat heute ein opulentes Mittagessen gezaubert: Kotelett vom
Rind und eine Pfanne mit frischem Marktgemüse. Dazu ein Glas Rotwein aus Italien und zum Nachtisch frische Apfelsinen. Vom Camp aus können wir direkt in die Palmengärten gehen. Man muss nur höllisch
aufpassen, dass man die Orientierung behält, denn jeder Garten ist von einer Lehmmauer umgeben und die Gärten verlaufen rechtwinklig entlang der Bewässerungsgräben. Ein Weg sieht aus wie der andere.
Wir laufen bis in die Altstadt von Zagora - ein Einwohner begleitet uns ein Stück und preist die Vorzüge seiner Heimatstadt. Die Menschen hier sind ausgesprochen freundlich, ständig hören wir ein
freundliches „bon jour“ oder ein „comment ça va“. Viele haben irgendwelche Sprachkenntnisse, sei es französisch, englisch oder deutsch. Man muß nur ständig die Versuche abwehren, etwas zu kaufen, zu
besichtigen oder geführt zu werden.