Diese Nacht war die wohl kälteste bisher: In früher Morgenstunde werden wir durch ein lautes „Klock“ geweckt. Meine Vermutung bestätigt sich - der Frostwächter unserer Warmwassertherme hat reagiert
und das Wasser aus dem Boiler aus Sicherheitsgründen abgelassen. So soll verhindert werden, dass die Therme durch gefrierendes Wasser beschädigt wird. Kein großes Problem, wir heizen auf und können
die Therme gleich wieder füllen. Es zeigt aber auch, dass die Nacht frostig war. Beim Aufstehen steht die Sonne schon am Himmel und heizt das Wohnmobil zusätzlich von außen auf. Als wir uns zu einer
Besichtigung der Fresken in der Kapelle von San Framcesco aufmachen, ist es schon über fünfzehn Grad Außentemperatur. Die Fresken stammen von den bedeutendsten Renaissance Künstlern jener Zeit. Wir
nehmen uns Zeit und Ruhe, sie angemessen zu bewundern. Danach führt uns der Weg in die Heimatstadt des Franziskus, nach Assisi. In einem Agriturismo (vergleichbar: Ferien auf dem Bauernhof) finden
wir einen tollen Stellplatz mit Blick auf die Basilika. Noch am späten Nachmittag machen wir uns bei strahlendem Sonnenschein und blauem Himmel zu einem Rundgang durch die Stadt auf.
Freitag, 11. März
Unser Stellplatz ist ein echter Glücksgriff: Wir stehen inmitten der umbrischen Landschaft, vor uns Assisi, hinter und neben uns die grünen Hügel, durchsetzt mit Pinien, dazwischen knospende
Obstbäume. Die Anlage ist neu erstellt, das Sanitärgebäude ist vom feinsten und auch die Spülküche kann sich sehen lassen. Einzig die Nachtfröste trüben etwas unser Wohlbefinden, es wird schon
ziemlich kalt. Sobald die Sonne da ist, heizt sich schnell alles wieder auf, nur der Ostwind verhindert leichtere Bekleidung. Heute sehen wir uns die Basilika des Hl. Franziskus im Detail an und sind
schon einigermaßen sprachlos: War doch der fromme Mann einst ein reicher Lebemann, der seinen Reichtum wegen des Glaubens aufgab und fortan in Armut lebte. Seine Glaubensbrüder lebten mit ihm
gemeinsam in einem Bettelorden, der alles für die Bekämpfung der Armut wieder hergab. Und heute - dieser Prunk und dieser Protz, der hier zu Ehren des Heiligen präsentiert wird, ist kaum zu fassen.
Auch der Geschäftssinn stellt alles in den Schatten. Im Eingangsbereich der Begräbnisstätte werden den Gläubigen Kerzen verkauft, die aber wegen der kostbaren Fresken nicht angezündet werden dürfen.
Die frisch gekauften Kerzen müssen deshalb in einer bereitgestellten Kiste wieder abgelegt werden. Ob diese Kerzen jemals irgendwo brennen oder nur als Geldmaschine benutzt werden, ist die Frage. Der
Gang durch die Altstadt macht auch noch mal deutlich - der ganze Ort lebt vom Hl. Franziskus. Ihn gibt es in jeder Größe, in allen Variationen und alle möglichen anderen Devotionalien dazu. Assisi
selbst ist schön gelegen, erstreckt sich entlang eines Berghanges und gibt immer wieder bezaubernde Blicke auf die Umgebung frei. Mit zwiespältigen Gefühlen kehren wir zum Wohnmobil zurück und
verbringen den Nachmittag lesend in der Frühlingssonne.
Sonntag, 13. März
Gestern gab es wieder einen Ortswechsel: Vom umbrischen Assisi machen wir uns auf nach Apulien, zum Castel del Monte. Knapp fünfhundert Kilometer warten auf uns, doch die Autobahn ist frei, es läuft
gut und am frühen Nachmittag sind wir schon an unserem Zielort in der Nähe von Andria. Nach etwas längerer Suche, die falsch übertragenen Geodaten geschuldet ist, stehen wir auf einem Platz neben
einem Restaurant, wo uns Quartier gewährt wird. Eine sogenannte „win - win“ Situation: Wir bezahlen nichts für den Platz und kehren ein, das Restaurant hat zwei Gäste mehr. Außerdem stehen wir in
fußläufiger Entfernung zum Schloß. Heute Morgen stapfen wir dann durch den Wald den Schloßberg hinauf und sehen schon unterwegs das von dem Hohestaufenkaiser Friedrich II. erbaute Juwel
mittelalterlicher Baukunst immer mal wieder durch die Bäume aufscheinen. Der Grundriss des Gebäudes hat die Form eines Oktogons, an dessen Ecken sich ebenfalls oktogonale Türmchen anschließen. So,
auf der höchsten Erhebung erbaut, wirkt es wie eine Krone. Das Innere ist leer, aufgrund der äußeren Gestaltung bietet es viele baulich interessante Details. Das Bauwerk ist als Weltkulturerbe
gelistet. Den Nachmittag verbringen wir in dem ganz in der Nähe liegenden Bari.
Montag, 14. März
Tarent, an der anderen Seite der Stielspitze gelegen, ist von griechischen Kolonisatoren gegründet worden. Die Altstadt, il borgo antico, liegt auf einer Insel, die das Mittelmeer von zwei kleineren
Binnenseen trennt. Im Vergleich zur Neustadt befindet man sich hier in einer anderen Welt. Zwar liegen der Dom und die Universität und einige Hotels auf der Altstadtinsel, doch im wesentlichen sind
es wohl weniger wohlhabende Menschen, die hier ihr Zuhause haben. Die alten Häuser sind heruntergekommen, stehen auch teilweise leer, eine Entwicklung, die in vielen historischen Städten Italiens zu
beobachten ist. Der Sanierungsaufwand ist bei der schlechten Bausubstanz zu hoch - die Viertel verfallen. Dagegen strahlt die Neustadt in hellem Glanz. Glas, Granit und Marmor dominieren die
Einkaufsstraße.
Dienstag, 15. März
Wir verlassen Tarent und nehmen die Straße nach Gallipoli, ebenfalls eine Gründung griechischer Kolonisten. Die Stadt hat eine wechselvolle Geschichte. Nach der griechischen Zeit folgten die Römer,
im Zuge der Völkerwanderung plünderten die Vandalen die Stadt. Im Mittelalter war sie zunächst normannisch, später dann staufisch. Unter Karl I. fiel sie an das Haus Anjou bis die Venezianer sie
eroberten.
Wir finden Platz auf dem Agricampeggio Torre Sabea. Die hilfsbereite junge Frau an der Rezeption ist uns gleich behilflich, den Nachschub an Gas zu organisieren - die letzten Abende und Nächte haben
doch mehr Gas erfordert, als wir erwartet haben.
Wir lassen es langsam angehen, genießen die wärmende Sonne und die steigenden Temperaturen. Am Nachmittag verschaffen wir uns einen ersten Überblick im Ort.
Mittwoch, 16. März
Beim Aufstehen scheint schon die Sonne, diese Nacht war es bereits spürbar wärmer und beim Frühstück kommen wir jetzt ohne die sonst obligatorische Heizung aus. Bevor wir losgehen, um die
Altstadtinsel zu erkunden, genießen wir noch für eine Stunde die morgendliche Ruhe und das Vogelgezwitscher ringsum.
Der Name Gallipoli leitet sich aus dem Griechischen ab - man nannte die Stadt Kalli Polis (Schöne Stadt). Die Römer machten daraus Gallipoli. Gallus, lateinisch der Hahn, ziert auch das Stadtwappen.
Die Altstadt ist wie in Tarent durch eine Brücke vom Festland getrennt aber wesentlich besser erhalten und bildschön. Während in Tarent der Autoverkehr rund um die Altstadt brauste, herrscht hier
Ruhe und der Straßenring bietet viele Möglichkeiten zu verweilen und die Aussicht zu genießen. Selbst einen kleinen Badestrand gibt es hier. Wir sind angetan von diesem Ort und werden bis Samstag
bleiben.
Donnerstag, 17. März
Heute ist unser Hochzeitstag - ein ganz besonderer. Wir können es selbst fast nicht glauben, dass die Zeit so schnell vergangen ist. Unseren Tag begehen wir in schöner Umgebung und unter der
süditalienischen Sonne.
Samstag, 19. März
Bis gestern Mittag war es warm und sonnig, dann zogen Regenwolken auf und später regnete es zum ersten Mal durchgehend bis in den Abend.
Heute haben wir uns zügig aufgemacht und fahren nach Brindisi - ungefähr siebzig Kilometer von Gallipoli. Von hier aus geht es durch die Straße von Otranto auf die andere Seite des Meeres ins
griechische Igoumenitsa. Wir werden ungefähr um Mitternacht das griechische Festland erreichen. Auf der Karte sieht man unsere vorgesehene Route für die nächsten Wochen.
Sonntag, 20. März
Um zwei Uhr diese Nacht legen wir in Igoumenitsa an. Die Fähre war mit Verspätung gekommen und konnte dies auch nicht beim „Einladen“ der Fracht wieder herausholen. Zwei Stunden später als vorgesehen
machen wir deshalb im Hafen von Igoumenitsa fest. Außerdem gehen in Griechenland die Uhren anders - hier ist bereits Sommerzeit. Das bezieht sich allerdings nur auf die Zeit, der Sommer lässt noch
auf sich warten - mittlerweile steht das Thermometer wieder auf 12°C.
Heute Morgen beschließen wir deshalb, bis nach Pyrgos zu fahren. Eigentlich waren noch einige Akklimatisationstage am Strand vorgesehen, aber bei diesen Temperaturen, brauchen wir uns nicht zu
akklimatisieren.
Unser vorgesehener Stellplatz ist an der Marina von Katakolo, ein kleiner Ort bei Pyrgos. Wir stehen direkt an der Mole, vor uns das Meer mit Blick auf die Berge im Hintergrund. Jetzt sind wir wieder
versöhnt, besonders auch, weil am Abend der kalte Wind wieder nachlässt.
Montag, 21. März
Golden dringt die aufgehende Sonne durch die Ritzen der Verdunklung ins Wohnmobil. Noch im Schlafanzug ziehe ich mir meine dicke Jacke über, um den Sonnenaufgang im Bild festzuhalten. Erst jetzt
denke ich ans Duschen und das anschließende Frühstück. Die Sonne erwärmt den Hafen von Katakolo, ein Fischer ordnet seine Netze und wir brechen zu einem kleinen Rundgang durch das Dorf auf.
Vorher kommt noch Yannis, der Bauer, vorbei, mit dem wir gestern vereinbart haben, dass er uns Olivenöl und frische Eier bringt. Beim Bäcker erstehen wir frisches Brot und ein Stück
Spinattorte. Mit Wohnmobilnachbarn aus dem Badischen plaudern wir noch etwas über das Leben auf Tour, dann starten wir aber endgültig nach Olimpia, dem antiken Gründungsort der Olympischen Spiele. Im
Camp Diana finden wir Platz, dann machen wir uns auf zu einer kleinen Wanderung durch die Olivenhaine, die das Dorf umgeben.