Um sechs stehen wir schon auf, da wir
befürchten müssen, dass die Trauerfeierlichkeiten um den Toten Popen noch zunehmen und wir den Parkplatz nur noch mit Mühen verlassen können. Heute steht die Akademie von Gelati auf unserem Programm.
Im Kloster von Gelati haben im Mittelalter Wissenschaftler geforscht und ihre gewonnenen Erkenntnisse ausgetauscht. Das gesamte Klosterensemble ist als Weltkulturerbe gelistet. Doch bevor wir in den
Genuss dieser Stätte des Wissens kommen, haben die Götter den Schweiß gesetzt. Es dauert, bis wir Kutaissi auf dem richtigen Weg verlassen können und es bedarf der Hilfe beherzter Männer, die uns ein
fremdes Gartentor öffen, damit wir in dem Garten drehen können, um zurückzufahren. Die Stimmung in Gelati lässt uns den Stress aber schnell vergessen. Ein Gottesdienst in der Hauptkirche zeugt von
der Inbrunst aber auch vom Glanz und Pomp des orthodoxen Christentums des Ostens. Weiter geht die Fahrt. In Gori erwartet uns ein Kontrastprogramm: Wir besuchen das Stalin Museum! Gori hat dem
berühmtesten Mann seiner Stadt mit dem Museum ein Denkmal gesetzt. Leben und Wirken dieses Diktators werden mit hohem Aufwand nur positiv in Szene gesetzt. Da wäre kritische Distanz sicher nötig. Im
Kriegsmuseum werden wir mit der sowjetischen Seite des zweiten Weltkriegs konfrontiert. Aber auch der Krieg um die Abspaltung der zwei Provinzen Abchasien und Südossetien finden ihren Widerhall. Auch
in Gori wütete der Krieg vier Tage. Die Frau, die uns die Geschichte erzählt, hat Tränen in den Augen. Als wir unseren Stellplatz erreichen, gibt es ein fröhliches Wiedersehen: Die Franzosen, die wir
in Safranbolu kennen gelernt haben, stehen auch hier.
Montag, 24. Juni
Von den Franzosen haben wir eine
Navi-App erhalten, die gut funktionieren soll. Die beiden machen sich mit ihrem Motorrad schon früh auf den Weg, aber die Zeit für ein Erinnerungsfoto muss bleiben. Auf dem Weg nach Tbilisi
(Tiflis) haben wir die Gelegenheit die App zu testen und wahrhaftig, sie läuft wie geschmiert. Keine Verzögerungen, kein Abbrechen, kein Absturz. Auf den Meter genau. Im Berufsverkehr von Tbilisi
beweist sie ihre ganze Stärke. Doch vorher machen wir noch Station am Panoramablick von Jvari. Auf einem Bergrücken, an einer steil abfallenden Felswand, ist die Jvari-Kirche gebaut, von deren
Eingangsportal man einen Blick auf den Zusammenfluss des Aragvi aus dem Kaukasus mit dem Wasser der Mtkvari hat. Hier treffen sich Touristen aus aller Welt. Unser Erinnerungsfoto schießt ein Jiddisch
sprechender Israeli. In Tbilisi landen wir punktgenau an einem Parkplatz an der Metheki-Kirche - der Navi-App und Annemaries Ansagen sei Dank. Wir überqueren die Mtkvari über die futuristische
Friedensbrücke und sind schon in der Altstadt. Mit Giorgi von Georgia Insight hatten wir auf der Stuttgarter Messe vereinbart, dass wir mit seiner Organisation einige Ausflüge machen wollen. Während
dieser Zeit soll das Womo an sicherem und ruhigem Ort stehen. Wir besuchen sein Büro und machen alles perfekt. Das Womo steht jetzt hinter dem Haus bei seinem Kollegen, der uns mit seiner Frau
freundlich mit Obst aus dem Garten, selbst gekeltertem Wein und Kuchen bewirtet. Ihr Sohn hat in Münster studiert - da gibt es viele Ansatzpunkte für ein Gespräch. Die Nacht verbringen wir im
Womo.
Dienstag, 25. Juni
Heute beginnen wir mit dem ersten von
drei geplanten Ausflügen in die Umgebung. Der Fahrer, David, wohnt in der Nachbarschaft von Godscha, der uns den Stellplatz zur Verfügung gestellt hat. Das ist praktisch, da wir mit ihm zum
Treffpunkt von Georgia Insight fahren können. Dort steigt noch unser Guide Niko zu. Wir haben also eine eins zu eins Betreuung. Die alte Hauptstadt Mztheka ist das erste Ziel. In der Kathedrale sind
die georgischen Könige begraben - sie hat also den Status eines nationalen Heiligtums. Dazu steht sie auf der Liste als Weltkulturerbe. Niko ist historisch sehr versiert und vermag uns mit seinen
Erläuterungen zur georgischen Geschichte zu fesseln. Nicht nur die Königsgebeine ruhen hier, sondern auch der Mantel Jesu und des Propheten Elias sollen hier eingebettet sein. Weiter geht die Fahrt
nach Uplistsikhe, zu der Felsenstadt in der Nähe von Gori. Die in den Sandstein eingeschlagenen Gewölbe dienten lange Zeit als Wohn- und Versorgungsstätte an der Seidenstraße. Unterschiedlichste
Funde weisen auf eine spezielle Form der Religion hin, die hier praktiziert wurde. Mit dem Einzug des Christentums wurde auch eine Kirche in den Sandstein eingearbeitet. Insgesamt gab es über tausend
Gewölbe, man schätzt die Gesamtzahl der Bewohner auf über viertausend Menschen. Bei dieser Exkursion macht uns die Hitze schon zu schaffen. Es ist weit über dreißig Grad heiß - aber, wir sind ja
nicht zum Vergnügen hier. Das folgt am Abend, als wir noch durch Tbilisi bummeln und diese quicklebendige Stadt genießen.
Mittwoch, 26. Juni
Die große Heerstraße ist die
Verbindungsstraße von Georgien nach Russland und die einzige Querungsmöglichkeit durch den Kaukasus. Schon Strabon, der griechische Geschichtsschreiber, hat sie in seinen Aufzeichnungen erwähnt.
Nicht immer waren es Militärs, die diese Straße benutzten, für den Handel spielte sie immer eine große Rolle. Auch war sie ein Teil der Seidenstraße. Wir machen uns auf den Weg, um diese Route bis
zum Kazbeg, mit über fünftausend Metern Höhe der höchste Berg des Kaukasus, zu befahren. Eine Wanderung im Schatten des Kazbeg steht ebenfalls auf dem Programm. Kurz hinterTbiblisi demonstriert ein
riesiger Stausee aus den Siebziger Jahren die Ingenieurskunst der sowjetischen Baumeister. Von hier aus wird die Region um Tbilisi mit Strom und Wasser versorgt. Wir erreichen das Monument der
Russisch-Georgischen Freundschaft und staunen über diese kolossale Bergwelt. In Stepansminde angekommen, schultern wir den Rucksack mit den Utensilien für das geplante Picknick und los geht es auf
eine mehrstündige Bergwanderung. Zunächst begleitetet uns ein rauschender Bergbach, später blühende Wiesen auf dem Weg nach oben. Der Gipfel des Kazbeg versteckt sich heute leider hinter einer Wolke,
doch die Landschaft hat auch so genug zu bieten. Wir picknicken auf einer Blumenwiese unterhalb des Klosters auf einer Bergspitze. Nach kurzem Blick ins Innere treten wir den Rückweg an. Auf der
Rückfahrt statten wir noch der Festung Ananuri einen Besuch ab - auch sie, wie sollte es in Georgien anders sein, geschmückt mit vier Kirchen.
Donnerstag, 27. Juni
Der letzte Ausflugstag führt uns heute
in das Weinanbaugebiete Kachetien. Der Anbau und die Kultivierung von Wein wird in dieser östlichen Region seit Menschengedenken betrieben. Es gibt nur eine grundlegende Veränderung in der Technik:
Wurde früher der Wein in riesigen in der Erde vergrabenen Tongefäßen, den Kvevri, aufbewahrt, ist man heute weitgehend zum Ausbau im Edelstahltank oder im Eichenfass übergegangen. Die einzelnen
Dörfer haben ihre eigenen Rebsorten. Die Qualität der Weine ist so hoch, dass sie auch auf dem internationalen Markt Bestand haben. Doch zunächst besuchen wir, wie könnte es anders sein, noch ein
Kloster - den Todesort der Heiligen Nino, die Georgien im dritten Jahrhundert christianisiert hat. Ihr zur Ehren wurde hier im letzten Monat eine neue Kirche fertiggestellt. Für ein kleines Picknick
fahren wir nach Sighnaghi, einem kleinen hübschen Weinort an einem Hang gelegen, mit herrlichem Blick in die Ebene, die in der Ferne vom im Dunst liegenden Kaukasus begrenzt wird. Das Haus des
Dichterfürsten Alexander Chavchavadze ist dann der nächste Anlaufpunkt dieses Tages. Aufgrund des sehr gut erhaltenen Interieurs, erhält man hier eine gute Vorstellung vom Lebensstil eines
georgischen Adeligen im neunzehnten Jahrhundert. Im Weingut Mosmieri beenden wir unsere Tagesreise mit einer Weinprobe ausgesuchter georgischer Weine. Im Vergleich sind ein trockener Weißwein, ein
Rosé, ein Rotwein im Stahltank ausgebaut und ein nach alter Manier im Tonbehälter gereifter Rotwein. Die Verköstigung wird vom Chef des Gutes in perfektem Deutsch moderiert. Uns schmeckt der Rosé und
der „moderne“ Rote am besten - zwei Flaschen werden unser privates Weindepot bereichern.