„Les Roches rouges“, eine Gesteinsformation bei Tafraoute, steht heute auf unserem Wanderplan. Wir tippeln entlang des markierten Wanderpfades in Richtung der roten Felsen. Eigentlich sind hier ja
alle Felsen rot, aber wie sagt man so schön: Der Weg ist das Ziel. Und der hat so einiges zu bieten. Wir durchwandern zunächst die Palmeraie und kommen dann in ein Gebiet mit ummauerten größeren
Villen. Die gehören ehemaligen Anwohnern, die in einer der größeren Städte wohl ihr Glück gemacht und sich hier ihren Landsitz errichtet haben. Der Weg geht weiter entlang dunkelgrüner Arganbäume mit
harten Ästen, weichen Blättern und teils schon recht großen Früchten. Aus deren Kerne wird das begehrte Arganöl gewonnen. Blühende kleinwüchsige Sträucher und heller Ginster begleiten uns auch dann
noch, als der Weg immer enger und steiler wird. Eine tolle Aussicht belohnt unsere Mühen. Zurück im Womo machen wir uns die gestern erstandene Suppe warm - ganz begeistert sind wir nicht, aber wir
haben ja Salz und Pfeffer dabei...
Montag, 9. März
Durch die Bergwelt des Antiatlas fahren wir heute von Tafraoute nach Tiznit. Es ist eine sehr marokkanische Stadt, der Tourismus hat eigentlich keine Bedeutung, außer dass vielleicht hundert
Franzosen auf dem Campingplatz überwintern. Wir schlendern durch die Marktstraßen und entdecken den Bäcker, der auf der Straße in einem Ofen frisches „Pain“ backt - die Leute stehen Schlange. Wir
reihen uns nicht ein, erstehen aber bei seinem Kollegen einige frische brioches. Bei einem Händler für Tonwaren (poterie), feilscht ein Paar um eine neue Tajine. In einem Käfig warten einige Hühner
auf neue Besitzer (oder auch Esser). Kurz vorm Campingplatz verschwindet Annemarie dann in einem Salon, der den Frauen vorbehalten ist, und läßt ihr Haar auf Normalmaß stutzen.
Dienstag, 10. März
Am Eingang des Campingplatzes hat sich Hassan einen kleinen Stand aufgebaut. Hassan verdient seinen Lebensunterhalt mit dem Bemalen von Wohnmobilen. Seine Motive sind Szenen aus Marokko: Kamele, die
durch die Wüste ziehen, Ziegen, die auf Arganbäume klettern oder Berber, in ihrer malerischen Tracht. Auch uns fragt er, ob wir Bedarf nach Verschönerung haben. Haben wir eigentlich nicht. Doch da
fällt uns ein, dass unser LMC - Emblem durch die Sonneneinstrahlung gelitten hat und abblättert. Das wäre doch was. Für Hassan kein Problem. Er malt es nicht auf, sondern besorgt jemanden, der das
Emblem abmalt und es wie im Original auf Folie zieht. Das alles geht Ruckzuck und kostet wenig Geld.
Mittwoch, 11. März
Wir sind schon früh auf den Beinen, heute geht es nach Sidi Ifni. Der Ort liegt direkt am Atlantik und war noch bis Mitte der Sechziger Jahre spanische Kolonie. Der spanische Einfluss ist bei vielen
Gebäuden und Einrichtungen weiterhin unverkennbar. Als wir Sidi Ifni gegen elf Uhr erreichen, liegt die ganze Landschaft eingehüllt in dickem Nebel. Nur langsam gelingt es der Sonne, diese feuchte
Suppe aufzulösen. Am frühen Nachmittag können wir aber Meer, frischen Wind und die Sonne in vollen Zügen genießen.
Donnerstag, 12. März
Schon von weitem sieht man sie rauchen: Die aufgestellten Grills neben dem Markt signalisieren (fast) allen Sinnen, dass alles bereit ist, um den Gästen frischen Fisch in allen Variationen zu
präsentieren. Jeder der Händler versucht die Gäste eigenhändig von seinem Angebot zu überzeugen. Wir nehmen denn auch die Angebote genau unter die Lupe und entscheiden uns für eine Fischtajine und
einen Teller mit einer Variation von Calamari, Seezunge, Merlan und Crevetten. Dazu gibt es einen kleinen Salat und ... Wasser. Ein trockener Weißwein hätte auch gepasst, aber wir sind nun mal in
Marokko. Der Nachmittag ist sonnig und mit frischem Wind. Auf der Laterne vor uns sitzt ein Turmfalke und behält uns scharf im Auge. Der Tag verabschiedet sich mit einem schönen
Sonnenuntergang.
Sonntag, 15. März
Jetzt haben uns die Folgen der Corona-Virus Epedemie auch erreicht: Seit Freitag Abend sind in Marokko alle Häfen geschlossen. Keine Fähre mehr nach Spanien, nach Frankreich oder Italien. Ein ungutes
Gefühl beschleicht uns schon am Donnerstag Abend, als wir die Nachrichten hören. Ein Telefonat am Freitag Morgen mit der Deutschen Botschaft macht dann klar - der Fährverkehr nach Europa wird zum
Wochenende eingestellt. „Europa macht dicht!“
Wir entschließen uns in den Norden zu fahren, um näher an eventuell möglichen „letzten“Fährmöglichkeiten zu sein. Aber schon unterwegs, nach einigen Telefonaten, What’sApp Kontakten und SMS‘en wird
klar: Hier kommen wir vorerst nicht raus. Wir fahren bis Mohammedia und übernachten dort auf einem Campingplatz. Bis hierhin hat sich die Botschaft noch nicht herumgesprochen. Am Samstag entscheiden
wir dann bis Kénitra, in der Nähe von Rabat, weiterzufahren, um in angenehmer Umgebung auf einem gut ausgestatteten Campingplatz die nächsten Tage zu verbringen. Hier buchen wir zunächst einmal unser
Ticket für die gecancelte Überfahrt am 1.4. um auf den 6. April. Ob das Bestand hat steht in den Sternen. Wir sind gelassen und nehmen die Dinge wie sie sind. Uns geht es gut, um uns muss sich
niemand sorgen.