Heute wollen wir den Antiatlas durchqueren, um nach Tafraoute zu kommen. Gestern haben wir schon alles startklar gemacht, um heute Morgen nicht zu viel Zeit zu verlieren. Unsere Nachbarn, Roland und
Christa, fahren heute auch wieder. Die Verabschiedung ist herzlich. Wir haben uns gut verstanden.
Unser Weg führt uns durch eine wunderbare Bergwelt, die uns immer wieder mit Neuem überrascht. Das Gebirge ist karg und steinig, lässt uns aber immer wieder durch die changierenden Farben erstaunen.
Auch leben hier viele Streifenhörnchen, die wir häufig am Straßenrand beobachten können. Am frühen Nachmittag erreichen wir Tafraoute mit seinem riesigen Talkessel aus rotem Granit. Wir haben Glück
und finden wieder einen schönen schattenspendenden Platz unter Palmen. Während ich dies schreibe, geht die Sonne unter und aus dem Fenster sehe ich eine Palme im Abendrot.
Dienstag, 3. März
Wir genießen das Frühstück im hellen Sonnenschein. Über die Berge ist die Sonne aufgegangen und vertreibt die Kühle der Nacht. Ein Ziegenhirt treibt seine Herde über den Platz. Die Tiere wissen
schon, dass es hier immer etwas besonderes zu ergattern gibt. Die meisten Camper heben Gemüse und Brotreste für die Tiere auf. Wir kennen das Ritual und haben uns darauf eingestellt. Als ich unsere
Reste verteile, werde ich gleich von einer kleinen Meute umringt. Am Vormittag gehen wir zum Markt und kaufen ein. Besonders der Honig hat es uns angetan. Es gibt Orangen-, Tymian- und
Eucalyptushonig. Wir kaufen ein Glas von letzterem - sehr aromatisch! Ab Mittag wird es sehr heiß, das Thermometer klettert auf 34°Celsius. Wir lassen es langsam angehen und brechen erst am
Nachmittag zu einem längeren Spaziergang in die Umgebung auf. In der Nähe eines Nomadenlagers entdecken wir einen Pferch mit einem „Ziegenkindergarten“. Alle Zicklein sind sicher noch keinen Monat
alt, einige tragen noch die Reste der Nabelschnur. Der Abend ist warm - wir sitzen vorm Womo und genießen die Stille.
Mittwoch, 4. März
Heute ist es bereits um zehn Uhr ziemlich heiß. Wir verzichten auf die vorgesehene Wanderung und laufen stattdessen in den Ort und schlendern über den Markt. Neben Obst und Gemüse werden dort Dinge
des täglichen Bedarfs angeboten, aber auch Tiere, wie Schafe und Ziegen, stehen auf der Angebotsliste. Tafraoute ist mit seinen siebentausend Einwohnern das Zentrum für die Menschen der Umgebung. In
den nächsten drei Tagen findet hier das jährliche Mandelblütenfest statt. Wir sind mal gespannt, was uns erwartet.
Donnerstag, 5. März
Bislang wähnten wir uns den Problemen der Welt in Marokko einigermaßen entrückt. Heute begegnen uns die Weltläufte gleich doppelt: Unser Enkel Jos muss in häusliche Quarantäne, weil es in seiner Kita
einen Corona - Infektionsfall gibt. Noch kein Grund zur Beunruhigung, doch für Aufregung sorgt es allemal. Und - das Mandelblütenfest in Tafraoute findet nicht statt. ! Die regionale
Sicherheitsbehörde hat es wegen einer möglichen Gefährdung durch das Corona - Virus abgesagt.
Dabei flattern die bunten Fahnen, die das Fest seit einer Woche signalisieren, heute besonders fröhlich im Wind. Schade! Sonst geht alles seinen Gang. Die Ziegen kommen zum Naschen vorbei und der
zuverlässige Bäcker macht mit seinen „pain, pain“ Rufen auf sich aufmerksam. Die Abendsonne lässt heute die Berge in besonders effektvollem Rot erglühen.
Freitag, 6. März
Gleich nach dem Frühstück brechen wir auf zu einer Wanderung durch die Palmerai hier in der Nähe. Hinter der ausgedehnten Palmenplantage liegt ein kleines Dorf, eigentlich der Ursprung von Tafraoute.
Ein Hinweisschild zu einem „Maison Bèrbère“ erweckt unsere Aufmerksamkeit und wir stapfen durch die teils steilen und engen Gassen, bis wir das Haus auf der Hügelkuppe erreichen. Der Besitzer
empfängt uns mit ausgesuchter Freundlichkeit und fließendem Englisch. Er erzählt uns von der über sechshundertjährigen Geschichte dieses Hauses, in dem immer mehrere Generationen gleichzeitig gelebt
haben. Er ist sichtlich stolz darauf, dass er es geschafft hat, das Familienerbe zu sichern. Die Häuser der Nachbarschaft sind teilweise dem Verfall preisgegeben, weil die ehemaligen Bewohner auf
Arbeitssuche in die großen Städte gezogen sind. Ein festes Besichtigungsentgelt nimmt er nicht. Da verläßt er sich auf die Großzügigkeit seiner Besucher.
Samstag, 7. März
Heute verbringen wir den Tag weitestgehend am Stellplatz. Zum Mittagessen gehen wir in den Ort - es gibt Couscous mit Hühnchen. Unsere französischen Nachbarn, alles Überwinterer, bereiten sich auf
die Abfahrt vor. Der (das) Quad wird im Anhänger verstaut, alles wird geputzt und gewienert und die zusätzlichen An- und Aufbauten werden entfernt. Das ist auch die Chance für die Kinder, die die
großen Wasserflaschen sammeln. Heute kaufen wir auch bei einer Frau, die über den Platz kommt, zwei Portionen marokkanischer Suppe. Sie wird auf der Basis von feinen Linsen gemacht. Das Mittagessen
für morgen ist somit perfekt.