Das kleine Dörfchen Lourmarin im Luberon wäre wohl kaum der Erwähnung wert, trüge es nicht den Titel „eines der schönsten Dörfer Frankreichs“. Außerdem fanden in den Mauern des kleinen Schlosses zu
Beginn des 20. Jahrhunderts Tagungen des französischen Schriftstellerverbandes statt. Hier wurde von Schriftstellern wie Grenier und Camus der „mittelmeerische Geist“ beschworen, frei vom Getöse
Europas. Camus, der Philosoph und Schriftsteller, lebte bis zu seinem tödlichen Autounfall 1960 in Lourmarin und wurde auch hier begraben.
Gründe genug für uns, am Sonntag den Standort zu wechseln und dem kleinen Dorf im Luberon einen Besuch abzustatten. Der erste Weg heute Morgen führt uns denn auch zum Friedhof, wo wir das leicht
verwilderte Grab des Schriftstellers auch schnell entdecken. Der Friedhof hat etwas verwunschenes - von hier aus hat man auch einen schönen Blick auf den Ort. Den Titel eines der „Plus Beaux Villages
de France“ hat sich Lourmarin redlich verdient. Selten sieht man ein architektonisch so harmonisch gegliedertes Dorf, ohne Bausünden, Reklameschildern und Touristenkitsch. Das Schloss, einst als
Festung konzipiert, thront über dem Ort. Wir beschließen, noch etwas hier zu bleiben.
Dienstag, 25. April
Heute wollen wir die Umgebung und das Dorf näher erkunden. Auf dem Weg um Lourmarin entdecken wir viele kleine Höfe, die von Olivenbäume umgeben sind. Alles grünt und blüht in kräftigen Farben. Die
Sonne tut ihr Übriges, alles zum Strahlen zu bringen. Im Ort streifen wir durch die kleinen Gassen; hier gibt es viele Galerien, die in ihrer Ausstellung die Produkte einheimischer Künstler anbieten.
Noch immer zieht es viele Künstler in die Provençe, da die Lichtverhältnisse wohl einzigartig sind. Wir werfen noch einen Blick in die kleine romanische Kirche, die inmitten der kleinen Gassen kaum
aufzufinden ist. Die Kirche der Reformierten liegt außerhalb und hat eine besondere Geschichte. Viele Reformanhänger zogen sich aufgrund von Verfolgung in die Täler des unwegsamen Luberon zurück.
Doch Mitte des 16. Jahrhunderts gab es hier in Lourmarin ein Massaker, dem viele der Reformierten zum Opfer fielen. Erst in der Neuzeit konnten sie sich von diesem Schlag erholen…
Mittwoch, 26. April
Am Spätnachmittag besuchen wir den kleinen Ökomarkt in Lourmarin. Biobauern aus der Umgebung bieten hier ihre Waren an. Wir erstehen Erdbeeren und grünen Spargel - an einem Backwarenstand können wir
den kleinen Törtchen aus dem Angebot nicht widerstehen. Bei einer Tasse Cafè au Lait und einem Kännchen Tee genießen wir die kleinen Süßigkeiten in der Abendsonne.
Donnerstag, 27. April
Wir sind in Bonnieux. Zwölf Kilometer von Lourmarin entfernt und unzählige Kurven und Serpentinen. Jetzt stehen wir auf dem kleinen Campingplatz „Vallon du Luberon“ und genießen die Aussicht und die
Sonne. Bonnieux liegt im Luberon-Gebirge, der Ort ist direkt auf einen Bergkegel gebaut. An seiner Spitze, in 420 Meter Höhe, steht die alte Kirche. Bei klarem Wetter kann man von hier weit in die
Landschaft schauen. Der Ort windet sich den Nordhang hinab, von den meisten Straßen und Plätzen hat man schöne Ausblicke in die Landschaft.
Freitag, 28. April
Heute Morgen beeilen wir uns besonders: Wir wollen nach Apt, der Regionalhauptstadt, gelegen zwischen Luberon und dem Vaucluse. Apt ist zwar nur zwölf Kilometer von Bonnieux entfernt, doch wir wollen
auf dem kleinen städtischen Campingplatz dort Quartier nehmen und die freien Plätze dort sind rar. Nach dem Motto: „Der frühe Vogel fängt den Wurm“, gehen wir davon aus, dass eine frühe Ankunft
unsere Chancen steigert. Richtig gedacht! Als wir eintreffen, können wir sofort den Platz eines abreisenden Campers übernehmen. Wir nutzen den Vormittag gleich für einen intensiven Stadtbummel und
einen Besuch des Touristenbüros, wo wir mit Infomaterial versorgt werden. Ein Stadtplan bietet erste Orientierung, unerläßlich für uns, denn morgen ist der weitgerühmte Wochenmarkt…
Samstag, 29. April
Der Wochenmarkt in Apt findet seit dem Mittelalter jeden Samstag in der Innenstadt auf den Straßen und Gassen und auf den großen Plätzen statt. Es ist ein buntes Treiben hier - neben Obst,
Gemüse, Fleisch, Fisch und Wurstwaren werden auch Dinge des täglichen Gebrauchs, Bekleidung und warme Speisen angeboten. Uns fällt gleich der Stand einer Vietnamesin ins Auge, die in großen Pfannen
Gerichte aus ihrer Heimat anbietet. Daneben hat sie kleine, unterschiedlich gefüllte Teigröllchen im Angebot. Hartwürste mit unterschiedlichsten Würzungen und Beimischungen liegen zuhauf an den
Wurstständen, nicht zu vergessen die roten süßen Früchte jetzt zur Erdbeerzeit. Dazwischen immer wieder die Darbietungen der zahlreichen Straßenmusikanten, die für eine beschwingte Stimmung in
dieser Szenerie sorgen. Auch wir werden von dieser Stimmung mitgerissen und verzehren an einem Stand Austern mit einem Glas Wein zu den Klängen einer Jazzband.
Montag, 1. Mai
Schon von weitem sind die Felsen von Saignon, Teil der Gebirgskette des Luberon, von Apt aus zu sehen. Heute, am 1. Mai, fahren wir mit dem Motorrad hinauf in das kleine Bergdorf. Die Häuser scheinen
wie in den Fels hineingeklebt. Von den Aussichtsfelsen aus hat man einen phantastischem Ausblick in die Umgebung. Am Place de la Fontaine, dem Brunnenplatz, machen wir im Café eine Pause mit
Tee und Kaffee. Auf dem Friedhof holt uns die deutsche Geschichte wieder ein: Eine kleine Gedenktafel erinnert an den Tod eines jungen Dorfbewohners im KZ Buchenwald. Die Rückfahrt führt uns durch
Lavendelfelder wieder zurück nach Apt.
Dienstag, 2. Mai
Bei strahlendem Sonnenschein machen wir uns heute Morgen auf den Weg nach St. Saturnin les Apts, einem kleinen Dorf in der Nähe von Apt, aber diesmal am Fuße des Hochplateaus des Vaucluse. Auch hier
wieder ein kleines Städtchen mit provençalischem Charme - im Ort empfängt uns ein kleiner Markt, auch heute gibt es Livemusik: Es spielt eine Band, die wir schon vom Markt in Apt kennen. Wir wandern
hinauf zu den Ruinen des alten Schlosses und haben von hier oben aus wieder einen wunderschönen Blick über das Dorf und die Gebirgskette des Luberon.
Mittwoch, 3. Mai
Die Fontaine de Vaucluse ist eine Quelle, die dem Karst des Vaucluse-Gebirges entspringt. Ein unterirdischer See fängt das Schmelzwasser der umgebenden Berge auf. Wie in einem Syphon ist das Wasser
unter dem Gebirge gefangen - wenn sich viel Wasser angesammelt hat, tritt es in Fontaine de Vaucluse aus dem Karst aus und strömt an die Oberfläche. Das Wasser ist klar und schimmert grün. Jetzt, in
der Trockenzeit, ist der Wasserstand nicht sonderlich hoch - wir waren vor ungefähr zwanzig Jahren schon einmal hier, als das Wasser noch mit hohem Druck aus dem Karst herausdrückte. Jetzt stehen wir
auf dem Campingplatz in L‘Isle sur la Sorgue, der Stadt in der Flussinsel. Die Sorgue wird von der Fontaine de Vaucluse gespeist.
Donnerstag, 4. Mai
L’Isle sur La Sorgue, heißt übersetzt „Die Insel auf der Sorgue“. Der Ort wird von zwei kräftigen Flussarmen umschlossen, so lebt man hier praktisch auf einer Insel. Heute, am Donnerstag, ist
Markttag, ein ständig wiederkehrendes Großereignis, da der Markt den ganzen Ort in Anspruch nimmt. Wir bummeln durch die engen Gassen, die mit Marktständen vollgestellt sind. Wie wir bereits auf den
anderen Märkten erlebt haben, herrscht auch hier eine gute Stimmung, eine Leichtigkeit im Umgang miteinander. Eine Überraschung hat die Kirche in ihrem Innern zu bieten: Mit ihrer reichen
Bemalung und den Schnitzereien im Barockstil ist sie ein Hauptzeugnis für den provençalischen Barock und steht unter Denkmalschutz. Viele kleine und größere Brücken helfen dabei, die Flußinsel zu
erreichen - am Flußrand reihen sich Restaurants und Cafés aneinander, angenehme Orte des Aufenhalts, da das fließende Wasser für Frische und Abkühlung sorgt.
Freitag, 5. Mai
„Sur le Pont d‘Avignon, l’on y danse…“, wer kennt es nicht, das Lied von der Brücke von Avignon. Wir stehen jetzt auf dem „Camping du Pont d‘Avignon“, und schauen über die Rhone auf die halbe Brücke
und den Papstpalast aus dem 14. Jahrhundert. Die Strecke bis hierher war kurz, aber führte durch kleine Dörfer, die sich zum Schutz vor Rasern mit selbst fabrizierten Bodenwellen wappnen. Es ist
jedesmal ein Kunststück, die für diese Holperschwellen richtige Geschwindigkeit herauszufinden. Egal, wir haben einen schönen Platz erwischt, der uns erlaubt, sowohl in der Sonne zu sitzen, als auch
den Schatten zu genießen. Wir nutzen unsere frühe Ankunft für einen ausgedehnten Stadtbummel und werden zurück sogar mit einer kleinen Fähre umsonst vom Papstpalast auf die andere Seite der Rhone bis
vor unseren Campingplatz übergesetzt.